Skip to main content

Zwischen 97% Preisnachlass und dreistelligen Preisaufschlägen ist alles möglich – Aponeo und DocMorris arbeiten mit extremer Preisdifferenzierung

Identische Kunden bekommen zum gleichen Zeitpunkt, am gleichen Gerät Preise mit einem Preisunterschied von bis zu 97% angezeigt. Statt 1,43 EUR sind es 41,88 EUR!
Preise werden als „Sonderpreise“ betitelt – und der Kunde zahlt dort bis zu 54% „obendrauf“. Ohne „Sonderpreis“-Titel sogar bis zu 513%.

Wir haben die Situation analysiert.

Wir monitoren seit längerem den Versandapothekenmarkt – auch zu den Themen Verfügbarkeiten, Preise, Produktdaten etc. . Wir harmonisieren diese Marktdaten mit KI und werten diese dann aus – und machen diese ebenfalls für Marktteilnehmer (Händler, Berater, Marketresearcher etc.) aber auch Endkunden transparent. Letzteres befindet sich noch im Beta-Stadium.

Auffälligkeiten in der Preisstellung

Bei einer Marktrecherche sind wir auf ein paar Auffälligkeiten in der Preisstellung und Preisbewerbung einzelner Marktteilnehmer gestoßen. Zwei Teilnehmer fielen in den Stichproben durch häufige und große Preisdifferenzierungen und/oder starkes Bewerben der Nachlässe auf: „Aponeo“ und „DocMorris“.* Wir haben uns daraufhin die Daten der beiden Marktteilnehmer systematischer und fundierter angeschaut.

Während wir normalerweise nur die Daten direkt von den Websites der Versandapotheken holen, haben wir dieses mal auch die Daten der Vergleichsportale „Medipreis“ und „Medizinfuchs“ in die Analyse einfließen lassen.

Aponeo ist ebenfalls auf idealo und ggf. anderen Marketplaces unterwegs – mit anderen Preisstellungen. Dieses fließt hier nicht in die Betrachtung ein.

Die genaue Systematik/Herangehensweise und erhobene Mengen finden Sie am Ende dieses Beitrags. Zur genaueren Bewertung und Interpretation der Zahlen sind diese hilfreich.

Vorab: Preisdifferenzierungen sind zulässig, aber…

Preisdifferenzierungen sind zulässig. Der Gesetzgeber sieht vor, dass Preise situativ angepasst werden können, solange diese nicht diskriminierend für Personen/Werte nach Maßstäben des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) sind: Merkmale wie Religion, Hautfarbe, sexuelle Neigung etc. . Dieses betrifft vor allem die Unterscheidung zwischen Personen.

Die Preisstellung innerhalb einer Person greift beim AGG logischerweise nicht. Hier haben dann die anderen kaufmännischen Grundsätze in die Bewertung einzufließen: „Treu und Glauben“, „unlauterer Wettbewerb“, „Wucher“ etc. .

Wir nehmen in dieser Analyse keine Bewertung nach letztgenannten Grundsätzen vor, sondern machen nur transparent. Die abschließende Bewertung muss jeder für sich selber finden.

Das Ergebnis: DocMorris mit bis zu 97% Preisnachlass

DocMorris nimmt keine preisliche Differenzierung zwischen den Marktplattformen Medizinfuchs und Medipreis vor. Die Preise sind identisch.

Bei 52% der Artikel kam es zu einer preislichen Differenzierung zwischen Medizinfuchs/Medipreis und dem Direktbesuch des Shops. Diese preisliche Differenzierung (in Prozent vom Preis, der bei einem Direktbesuch gezeigt wird) haben wir in dem folgenden Diagramm in 5%-Schritten vereinfacht dargestellt:

docmorris medipreis medizinfuchs analyse

Die Preise auf den Marktplattformen waren immer günstiger oder gleichteuer zum Direktbesuch des Shops – niemals teurer.

Der durchschnittliche Unterschied lag bei 23,5% – bezogen auf die Artikel mit Abweichung und ohne Gewichtung.

Erstaunt waren wir über die maximale Preisdifferenz von über 97%. Natürlich scheint es ein Ausreißer zu sein, aber: Kunden, die im Shop direkt einkaufen zahlen bei dem besagten Artikel 41,88 EUR statt 1,43 EUR!

Bei einer absoluten Betrachtung der Abweichung zwischen Medizinfuchs/Medipreis und dem Direktbesuch des Shops konnten wir Beträge von >200 EUR erkennen. Kompressen, die im Shop 499,71 EUR kosten, werden bei Medizinfuchs/Medipreis mit 286,54 EUR veranschlagt.

Fazit: die Hälfte der Artikel wird mit durchschnittlich 23,5% rabattiert. Im Extremfall können bis zu 97% oder auch >200 EUR eingespart werden.

Der Kauf bei Medizinfuchs und Medipreis ist für den Endkunden nur von Vorteil – und zum Nachteil von DocMorris.

Mögliche Marktpositionierung und Ziele von DocMorris

In einer genaueren Analyse könnte man die Grundgesamtheit erhöhen und ermitteln, welche Artikel unterschiedlich bepreist werden: ob es Artikel sind,

  • die häufig nachgefragt werden,
  • die einem hohen Wettbewerbsdruck unterliegen,
  • die bei Aktionen/Abverkaufsaktionen eingebunden sind
  • ….

Hier ist natürlich weitere Branchen-Erfahrung notwendig.

Ebenfalls könnte analysiert werden, warum DocMorris keine umfassendere preisliche Gleichstellung der eigenen Kunden vornimmt. Eine Möglichkeit wäre z.B., dass sich DocMorris sicher wäre, dass Kunden, die die eigene Website besuchen, keinen oder sehr selten einen weiteren Preisvergleich vornehmen. Sollte sich jedoch die oben genannte Preispolitik „rumsprechen“, stärkt dieses die Marktplätze – und schwächt DocMorris.

Sollte DocMorris das Ziel haben, die eigene Seite zu stärken, kann es sich also nur um eine vorübergehende Preispolitik handeln: höhere suggerierende Positionierung im Markt bei den Wettbewerbern etc. .

Das Ergebnis: Aponeo mit 95% Preisnachlass und „Sonderpreisen“, die Preisaufschläge sind

Im Gegensatz zu DocMorris nimmt Aponeo eine (geringe) preisliche Differenzierung zwischen Medizinfuchs und Medipreis vor. Die Gemeinsamkeit: Immer wenn es zu einer preislichen Differenzierung bei Medizinfuchs kam, gab es auch eine bei Medipreis (vice versa).

Bei 90% der Artikel kam es zu einer preislichen Unterschied zwischen Medizinfuchs/Medipreis und dem Direktbesuch des Shops. D.h. Kunden haben bei Medipreis/Medizinfuchs einen anderen Preis gesehen als bei Aponeo direkt.

Diese Differenzierung (in Prozent vom Preis, der bei einem Direktbesuch gezeigt wird) haben wir auch hier in dem folgenden Diagramm in 5%-Schritten vereinfacht dargestellt:

aponeo medipreis medizinfuchs analyse  daten pricing preidifferenzierung

Auffallend bei Aponeo ist, dass es Produkte gibt, die Preisaufschläge für Kunden über Medizinfuchs und Medipreis haben (in der Grafik unterhalb der horizontalen x-Achse). Auf diese gehen wir weiter unten noch mal gesondert ein.

Der durchschnittliche Unterschied zwischen den Preisen beim Direktbesuch des Shops und Medizinfuchs/Medipreis lag bei 17% – bezogen auf die Artikel mit geringeren Preisen für den Endkunden und ohne Gewichtung. Der Wert ist zwar geringer als bei DocMorris (23,5%), jedoch ist die Ausgangsbasis für die Berechnung bei beiden unterschiedlich: die Preise der Artikel sind bei einem Direktbesuch von Aponeo im Durchschnitt um 7% günstiger als bei DocMorris.

Die maximale Preisdifferenz lag auch hier bei über 95%! Natürlich ist es auch hier ein Ausreißer, aber: wer über Medipreis oder Medizinfuchs im gleichen Shop kauft, kann also für den gleichen Preis die 20fache Menge bekommen. „Pay one, get 19 free.“

„Sonderpreise“ mit bis zu 54% Preisaufschlägen

Auffällig waren bei Aponeo Preisaufschläge für bestimmte Artikel bei Medipreis (252) und Medizinfuchs (138). Preisaufschläge bei Preisportalen/Marketplaces sind eigentlich nicht selten. Die Händler schlagen die Provision des Marketplaces auf die Verkaufspreise auf (häufiger bei Amazon Marketplace). Da aber die anderen Artikel preisgleich oder günstiger angeboten werden, ist es bemerkenswert.

Irritierend ist vor allem in diesem Zusammenhang, dass diese höheren Preise bei Medizinfuchs als „Sonderpreise“ deklariert werden, die ggf. „nicht mit anderen Rabatten“ kombinierbar sind.

„Aponeo bietet viele Produkte auf Medizinfuchs zu Sonderpreisen an. Diese Sonderpreise sind nur gültig, wenn Sie über die Website von Medizinfuchs zum Aponeo-Shop gehen. Die Abgabemenge bei diesen Artikeln ist teilweise beschränkt. Sonderpreise sind nicht mit anderen Rabatten kombinierbar. Eine Gutscheineinlösung ist nicht möglich.“

Die Formulierung suggeriert einen günstigen Preis, der aber teuer ist, als beim Direktbesuch des Shops von Aponeo. Hinzu kommt, dass die günstigeren Preise beim Direktbesuch wiederum mit anderen Rabatten kombinierbar sind.

Für Endkunden scheint so schwierig nachzuvollziehen, wann es ehrliche Rabatte sind.

Ein besonderer Ausreißer war ebenfalls mit dabei: ein Preisaufschlag bei einer PZN in Höhe von 513% beim Portal Medipreis (im Vergleich zu Aponeo). Dieser wurde aber nicht als „Sonderpreis“ betitelt.

Es gab bei Aponeo ebenfalls 120 Artikel, die über eine der beiden Plattformen günstiger waren, über die andere Plattform teurer als der gleiche Artikel beim Direktbesuch im Shop.

Auch diese Effekte konnten wir über mehrere Tage beobachten.

Fazit: die Hälfte der Artikel wird mit durchschnittlich 17% rabattiert. Im Extremfall können bis zu 95% eingespart werden. Aber Achtung, es gibt auch höhere Preise, die dann auch noch als „Sonderpreise“ verkauft werden. Eine Struktur/Strategie ist nicht zu erkennen.

Fazit: Verwunderung.

DocMorris belohnt seine Kunden, wenn sie über eine Preisplattform kaufen. Aponeo verwirrt seine Kunden durch unterschiedliche Preisstellungen und betitelt Preisaufschläge als „Sonderpreise“. Bei Beiden sind einige Preisstellungen sehr extrem und wirken unseriös.

Die Preisstrategien verwundern, da sie beide zu Lasten der Kunden-Versandapotheker-Beziehung gehen.


Sollten Sie Fragen oder Anmerkungen zu der Auswertung haben, so können Sie sich gerne an uns wenden: marco.leithner@prosoom.com .


Systematik/Herangehensweise

Wie wir vorgegangen sind

  • Wir haben auf den Websites von „DocMorris“ aber auch „Aponeo“ eine kritische/fundierte Grundgesamtheit an PZN zusammen gesammelt. Die PZN sind willkürlich ermittelt worden.
    • 6.481 PZN bei Aponeo
    • 16.941 PZN bei DocMorris
  • Zu den PZN haben wir
    • die Preise ermittelt, die bei einem direkten Besuch der jeweiligen Website angezeigt werden.
    • die Preise ermittelt, die von dem identischen Shop angezeigt werden, wenn der Kunde über die Plattformen „Medizinfuchs“ und „Medipreis“ kommt.
  • Die Preisermittlung einer PZN passierte immer „zur gleichen Sekunde“, so dass es bei der einzelnen PZN keine zeitlichen Versätze gibt.
  • Der Zeitpunkt für die gesamte Erhebung wurde auf die Abendstunden verlegt und die Erhebung erstreckte sich über mehrere Stunden, um eine etwaige Belastung der Server zu vermeiden.
  • Anhand von Stichproben und einer nachgelagerten Zweiterhebung konnten wir die Daten verprüfen. Seltene Abweichungen kamen durch neue Preisstellungen zustande.
  • Es wurde je eine zweite, kleinere Grundgesamtheit erhoben, anhand der die Aussagen verifiziert und bestätigt wurden.
  • Zusätzliche Rabatte (Neukunden, Newsletter etc.) sind in die Betrachtung nicht mit eingeflossen.
  • Weitere Leistungen aber auch Kosten sind nicht in die Analyse eingeflossen, wie z.B. besondere Verfügbarkeiten, höhere/geringere Versandkosten etc.
  • Wir haben den Eigentümer von Aponeo im Vorwege über die Preisdifferenzen informiert – und haben leider keine Antwort erhalten.

*Unsere anschließende Google-Recherche hat gezeigt, dass ein älterer Blogbeitrag bei apotheke-adhoc schon Preisdifferenzierungen bei DocMorris thematisiert hat. Im Gegensatz dazu, haben wir keine Stichproben und/oder nur Beispiele herangezogen, sondern eine breitere und fundiertere Analyse vorgenommen.

aponeo, apotheken, docmorris, dynamic pricing, Marketplace, medipreis, Medizinfuchs, preisdifferenzierung, preisdiskriminierung, pricemanagement, pricing, repricing

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert